Wappen Home Home1
 
 
Home
Aktuell
Familie
Foto Archiv
Downloads
Links
Kontakt
 
 
 

Zur Frage von Akupunktur / Akupressur
 
 
von Titus Vogt

Leider kann man die Frage, ob ein Christ Akupunktur oder Akupressur anwenden darf, nicht so ohne weiteres mit "ja" oder "nein" beantworten.

Wenn man zunächst nach den Hintergründen dieser Heilmethoden fragt, stößt man sehr schnell auf die klassische chinesische Medizin. Deren religiöse und philosophische Grundanschauungen sind dabei alles andere als mit der biblischen Botschaft vereinbar - das ist unbestritten. Auch naturwissenschaftlich lassen sich die klassischen Grundannahmen von Meridianen und einer darin fließenden Energie "Qi" - zumindest bislang - nicht im mindesten nachvollziehen oder gar nachweisen.

Allerdings gibt es zumindest für die Akupunktur seit vielen Jahren wissenschaftliche Studien über deren Wirksamkeit. Hier gehen die Ergebnisse aber noch auseinander. Es gibt eine ganze Anzahl von Studien, die für bestimmte Felder der Medizin deutlich belegen, daß Akupunktur nachweislich helfen kann, für andere Bereiche ist die Wirksamkeit unklar und in manchen Bereichen kann Akupunktur nicht helfen. Ob es für Akupressur ähnliche Studien mit ähnlichen Ergebnissen gibt, kann ich nicht sagen.

Jetzt ist nur die Frage, wie wir als Christen diese Fakten interpretieren. Und dabei gehen die Meinungen durchaus auseinander. Manche Christen sind der festen Überzeugung, daß immer dann, wenn eine heilende Wirkung eintritt, letztlich dämonische Mächte am Werk seien, da ja der religiöse Unterbau alles andere als biblisch ist. Andere Christen würden sagen, daß es durchaus sein kann, daß die Chinesen doch im Laufe der Jahre Wirkmechanismen entdeckt haben, die bereits in der Schöpfung angelegt sind, diese dann aber mit falschen religiösen Interpretationen verbunden haben. Deshalb sei es durchaus möglich, die Methode auch getrennt vom Hintergrund zu praktizieren.

Auch unsere westliche Medizin praktiziert viele Dinge, die von Leuten entdeckt wurden, die alles andere als ein biblisches Weltbild hatten. Zudem gab und gibt es immer wieder Therapien, bei denen zwar die Wirksamkeit eindeutig feststeht, aber gleichwohl niemand richtig erklären kann, warum das ganze funktioniert. Deshalb darf man m.E. die beiden Hauptvorwürfe an die Akupunktur (und Akupressur) - falscher religiöser Unterbau und mangelnde naturwissenschaftliche Erklärung - nicht dazu benutzen, die Methode deshalb schon von vornherein als völlig unzulässig hinzustellen. Das müßten wir dann konsequenterweise auch mit einer Reihe von anderen Therapieansätzen tun, die wir als Christen durchaus selbstverständlich nutzen. Ich selbst habe mich mit den medizinischen Details zu Akupunktur / Akupressur bislang nicht so umfassend beschäftigen können, daß ich mir ein letztes Urteil erlauben könnte. Aber ich neige doch eher zu dem zweiten oben genannten Ansatz, nicht zuletzt auch aus den praktischen Berichten eines christlichen Arztes, den wir persönlich sehr gut kennen (und der in seiner Gemeinde eine leitende Funktion ausübt), der Akupunktur für eine ganz konkrete Problemstellung - und erfolgreich - als rein physische Methode anwendet, ohne jeglichen Bezug zu klassischer chinesischer Religiosität.

Zu dieser ganzen Frage gibt es auch ein sehr schönes biblisches Beispiel, daß uns in der Beantwortung deutlich weiterhelfen kann: Die Auseinandersetzung um das Götzenopferfleisch in der Gemeinde zu Korinth (1Kor 8+10). Es gab in der Gemeinde im wesentlichen zwei Parteien: die einen waren der Überzeugung, man dürfe überhaupt kein Fleisch mehr essen, da praktisch alles Fleisch, was auf dem Markt angeboten wurde, vorher den Götzen geopfert wurde. Die anderen meinten, das spiele doch alles keine wirkliche Rolle und nahmen sich die Freiheit, sogar an den Götzenopferfeiern selbst teilzunehmen. Die einen waren also der Meinung, das Fleisch an sich sei dämonisch belastet, für die anderen war selbst die Teilnahme an den Opferfeiern unproblematisch. Die Antwort des Paulus ist nun sehr interessant. Er gibt weder den einen noch den anderen recht.

Er plädiert einerseits durchaus nicht für Vegetarismus, sondern ist der vollsten Überzeugung, daß das Fleisch an sich sehr wohl auch von einem Christen problemlos gegessen werden kann (1Kor 8,4-6.8; 1Kor 10,25-26.30-31). Die Dämonen sitzen eben nicht wirklich im "Fleisch" (oder in der Weleda-Creme oder dem Bombastus-Tee - und eben auch nicht in den Akupunkturnadeln). Sicher, wer aus Gewissensgründen dieses Fleisch nicht essen will, sollte es auch nicht tun. Aber Paulus läßt keinen Zweifel daran, daß das für ihn "Schwache" in der Gemeinde sind, deren Gewissen bereits schlägt, wo es biblisch gesehen eigentlich noch keinen Grund gibt, das es schlagen müßte. Deshalb ermahnt er diese Geschwister auch sehr stark, ihre ihnen persönlich durchaus zugestandene Praxis nicht zum alleingültigen ethischen Maßstab für die ganze Gemeinde zu machen. Für jemanden, der früher regelmäßig an den Götzenopferfeiern teilgenommen hat, mag es seelsorgerlich weise sein, daß er sich tatsächlich von dem Fleisch fernhält, da die Gefahr besteht, daß er es im Bewußtsein immer noch als Götzenopfer ißt (1Kor 8,7) - keine Frage, aber gerade dieses Argument unterstreicht nur wieder den Gedanken, daß das Problem nicht im Fleisch an sich zu suchen ist. Andererseits sollen die "Starken" natürlich auch aufpassen, daß sie mit ihrer - zu recht praktizierten Freiheit, dieses Fleisch zu essen - den "Schwachen" nicht zum Anstoß oder gar zum Fallstrick werden (1Kor 8,9-13).

Andererseits gibt Paulus überhaupt keinen Freibrief, daß man quasi direkt in den Götzentempel geht und dort gleich an allen Riten teilnimmt. Das verurteilt er aufs schärfste (1Kor 10,14.20-22). Soweit kann und darf die christliche Freiheit nicht gehen. Man soll das Fleisch auch nicht essen, wenn jemand ausdrücklich darauf hinweist (1Kor 10,27-28) - und somit gewissermaßen testet, ob jemand indirekt bereit ist, an den Götzenopferfeiern teilzunehmen (und das, obwohl ja jeder wußte, daß das meiste Fleisch in irgendeiner Form den Götzen geweiht war).