Wappen Home Home1
 
 
Home
Aktuell
Familie
Foto Archiv
Downloads
Links
Kontakt
 
 
 

Buchrezension
 
 

Geleitwort zu "Stichworte zur Dogmengeschichte"

von Dr. Thomas Schirrmacher

Die Dogmengeschichte ist unter Evangelikalen nicht sehr beliebt und bei vielen ihrer Ausbildungsstätten kaum oder gar nicht vorhanden, und das, obwohl Evangelikale meist ‚dogmatisch' sehr engstirnig sind - sei es zu Recht oder zu Unrecht. Man meint vorschnell, seine Theologie und seine Dogmen direkt aus der Bibel zu entnehmen und sieht die Dogmengeschichte nur als Geschichte von Fehlentwicklungen an. Wir sind dagegen überzeugt, daß zur Formulierung einer wahrhaft biblischen Theologie das Wissen darüber gehört, welche biblische Theologie in vergangenen Jahrhunderten formuliert wurde und was die Kirche in ihrer Geschichte gelernt, diskutiert und durchlitten hat. Wer aber seine Theologie für wahrhaft biblisch hält, muß sich nicht scheuen, sie mit dem Ergebnis anderer Bibelforscher und Theologen der Gegenwart ebenso wie der Geschichte zu vergleichen. Es gibt keine Dogmatik ohne Dogmengeschichte, es gibt höchstens eine Dogmatik, die sich nicht bewußt ist, wie stark sie von der Dogmengeschichte abhängt. Könnte es sein, daß es weniger geistliche Motive, als Bequemlichkeit oder gar Denkfaulheit sind, die uns davon abhalten, in Zeiten und Quellen einzusteigen, von denen die Zeitung ebensowenig berichtet wie der christliche Blätterwald?

Die großen Theologen und Kirchenlehrer der Kirchengeschichte, die vor allem Gegenstand der Dogmengeschichte sind, waren alle interessanterweise selbst sehr bewandert in den Schriften und Sichtweisen ihrer theologischen Vorgänger und Zeitgenossen. Augustinus verfügte über einen großen Fundus an Wissen über seine Vorläufer, zeitgenössische Theologen und über seine Gegner innerhalb und außerhalb der Kirche. Johannes Calvin argumentiert in seiner Dogmatik, der ‚Institutio', nicht nur ausgiebig mit biblisch-exegetischen Argumenten gegen die zeitgenössischen katholischen Auffassungen an, sondern oft über lange Strecken auch mit den Kirchenvätern oder der Sicht der Frühen Kirche. Sein breites Wissen über die Theologie der Theologen der ersten Jahrhunderte ebenso wie die des Mittelalters oder seiner Gegenwart ist bei ihm ebenso unbestritten wie etwa bei unserem Namenspatron Martin Bucer, um nur einige Beispiele zu nennen. Noch im 19. Jh. gehörte ein breites Wissen über die Schriften der Theologen aller Jahrhunderte zur selbstverständlichen Voraussetzung für den Dogmatiker und Ethiker. Und auch die Kirchliche Dogmatik von Karl Barth ist ohne die Auseinandersetzung mit Sichtweisen und Originalquellen aller theologischen Epochen undenkbar, weswegen die moderne Studienausgabe der Kirchlichen Dogmatik in jedem der vielen Bände einen umfangreichen Apparat mit Übersetzungen der zahllosen lateinischen Abschnitte mitliefern mußte.

Als ersten Einstieg für Theologiestudenten, denen die Dogmengeschichte oft sehr fremd ist, empfehlen wir bei uns den Überblick des Lutherforschers Bernhard Lohse, der nicht streng chronologisch vorgeht, sondern zugleich die großen Themenbereiche der Dogmengeschichte in Kapiteln zusammenfaßt und somit den Zusammenhang der Dogmengeschichte mit der Dogmatik und der Darstellung biblischer Lehre besonders augenscheinlich macht. Wir sind dem Studienleiter unseres Hamburger Studienzentrums, Pfr. Titus Vogt, dankbar, daß er zusätzlich zum Werk Lohses einen Leitfaden und ein Lernscript geschaffen hat, daß dem Studenten hilft, die großen Linien zu verstehen, aber auch das Basiswissen besser zu memorieren. Daß diese Stichworte die Dogmengeschichte selbst nicht ersetzen können und wollen, weiß jeder. Aber sie können dazu beitragen, daß der Student einen ersten Durchblick erhält, der ihn für ein spannendes Fach begeistert und hilft, später hinzukommendes Wissen einzuordnen und zu vernetzen.


zurück zu den Buchhinweisen der Downloadseite