Wappen Home Home1
 
 
Home
Aktuell
Familie
Foto Archiv
Downloads
Links
Kontakt
 
 
 

Darf eine christliche Frau Hosen tragen?
 
 
Titus Vogt

Die biblische Begründung dafür, daß eine Frau keine Hosen tragen dürfe, sieht man in der Regel mit 5Mose 22,5 gegeben. Dieser Text gehört zur Heiligen Schrift und ist demnach für uns selbstverständlich nicht einfach unbedeutend. Allerdings gilt auch für diesen Text (wie überhaupt für jeden biblischen Text), daß man ihn sorgfältig auslegen muß.

Zunächst muß man klären - auch vom Hebräischen her -, worum es in diesem Text tatsächlich geht. Ich möchte dazu einen Abschnitt von Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacher1 zitieren2, dem ich inhaltlich zustimme:

    Im Alten Testament finden sich daneben einige weitere Texte, die zur Homosexualität in Beziehung stehen. 5Mose 22,5 enthält ein "Wort gegen den Transvestismus"3: "Auf einer Frau darf kein Männerzeug sein, und ein Mann darf nicht das Gewand einer Frau anziehen. Denn jeder, der dies tut, ist für den HERRN, deinen Gott, ein Greuel".

    "Zeug" (hebr. ‚keli') meint in 5Mose 22,5 allerdings zunächst einmal kein Kleidungsstück, sondern alle Arten von Geräten und insbesondere Arbeitswerkzeug und "Waffen"4 (so etwa in 1Mose 27,3; 5Mose 1,41; Ri 18,11+16; 2Sam 1,27; 2Kön 7,15; 11,8; Jes 54,16-17; Jer 21,4; 51,20; Hes 32,27; Pred 9,18 u. ö.; "Waffenträger" in Ri 9,54; 1Sam 14,1+6; 16,21 u. ö.; "Waffenhaus", "Zeughaus" in 2Kön 20,13; Jes 39,2). Keil schreibt unter Verweis auf 2Mose 22,6; 3Mose 11,32; 13,49: "Zeug" bedeutet "weder blos die Kleidung, noch blos Waffen, sondern umfaßt alles Haus- und andere Geräth"5.

    Im ersten Teil des Satzes von 5Mose 22,5 geht es deswegen meines Erachtens um wesentlich mehr, als um die Kleidungsfrage, auch wenn der zweite Teil des Satzes in der Umkehrung für den Mann zeigt, daß die Kleidungsfrage mit eingeschlossen ist. Luther übersetzte deswegen den ersten Teil: "Ein Weib soll nicht die Waffen eines Mannes tragen"6 (5Mose 22,5). Demnach ginge es hier um das Verbot des Wehrdienstes für Frauen.

Auch Pastor Wolfgang Wegert versteht diesen Text - wenn es um Kleidung geht - so, daß hier der Transvestismus verboten wird.

Wenn es tatsächlich vor allem um die alltägliche Kleidung ginge, wäre zunächst noch zu fragen, wer denn festlegt, was im konkreten Falle Männer- oder Frauenkleidung ist. Stellt man sich die Kleidung, wie sie zu biblischen Zeiten getragen wurde, neben unserer heutigen vor, so sieht man sehr schnell, daß es hier sehr große Unterschiede gibt. In der Regel macht man sich die Antwort einfach und versteht das als Männerkleidung (bzw. Frauenkleidung), was ‚man' heute (oder oft vor ein paar Jahrzehnten) darunter verstanden hat - es wird also die eigene momentane Kultur als Maßstab herangezogen. Kommt man in ein anderes Land, gelten oft wieder völlig andere Maßstäbe.

Besonders für Missionare ist die Kleidungsfrage durchaus eine spannende Frage - weniger wegen 5Mose 22,5 sondern eher wegen 1Kor 9,19-23. Was ist z.B. mit einem Missionar in Schottland, darf oder soll er gar einen Schottenrock anziehen? Wir müssen also feststellen, daß es gar nicht so einfach ist zu sagen: Dies ist Männerkleidung, das ist Frauenkleidung.

Gehen wir noch einen Schritt weiter: Warum fragt man in der Regel nur nach Hose - Rock/Kleid, bestenfalls noch nach Hemd - Bluse? Was ist z.B. mit Jacken? Warum muß kein Unterschied bei den Socken oder den T-Shirts gemacht werden? Es gibt heute tatsächlich eine ganze Reihe von Kleidungsstücken, die im Prinzip "uni" sind, die also sowohl von Männern wie von Frauen angezogen werden können und angezogen werden. Müßte solche Kleidung nicht konsequenterweise für Christen völlig verboten sein? Dies sind alles Fragen, die von den Verfechtern des Hosen-Trage-Verbotes für Frauen praktisch nicht bedacht werden, die aber mindestens genau so wichtig wären.

Aus unserer Sicht gibt es also aus biblischer Sicht keinen Grund, einer Frau grundsätzlich das Tragen von Hosen zu untersagen. Deshalb haben die Frauen in unserer Gemeinde auch grundsätzlich die Freiheit, Hosen zu tragen - und wir haben nicht den Eindruck, daß wir deshalb weniger Segen von Gott bekämen.


Fußnoten:

1 Er ist Rektor des Martin Bucer Seminars, zu dem auch unser "Studienzentrum ARCHE" gehört.

2 Thomas Schirrmacher, Ethik, 2 Bände, Hänssler-Verlag Neuhausen-Stuttgart 1994, Bd. 2, S. 333 (aus Lektion 36 "Zur Homosexualität"), Hervorhebungen im Original

3 Hans Walter Wolff. Anthropologie des Alten Testaments. Chr. Kaiser: München, 19773. S. 257. Vgl. die Auslegung von 5Mose 22,5 in Rousas J. Rushdoony. Institutes of Biblical Law. a. a. O. S. 434-438 und Carl F. Keil. Leviticus, Numeri und Deuteronomium. Brunnen Verlag: Gießen, 19873 (Nachdruck von 18702). S. 511

4 Alle mir bekannten hebräischen Wörterbücher zum Alten Testament geben 5Mose 22,5 als einzigen Beleg für die Bedeutung ‚Männerkleider' an. Der Bedeutung ‚Kleidungsstück' kommt höchstens die zweimal belegte Bedeutung ‚Tragesack' nahe. Sonst geht es immer um Werkzeuge, Geräte, Instrumente und sehr häufig um "Waffen".

5 Carl F. Keil. Leviticus, Numeri und Deuteronomium. a. a. O. S. 511 (sic)

6 Vgl. Martin Luther. "Anmerkungen zum fünften Buch Mosis". Sp. 1370-1639 in: Martin Luther. Sämtliche Schriften. hg. von Johann Georg Walch. Bd. 3. Verlag der Lutherischen Buchhandlung: Groß Oesingen, 1986 (Nachdruck von 19102), hier Sp. 1563-1654