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Scheidung und Wiederheirat
 
 
von Titus Vogt

Ja, Gott haßt Scheidung (Mal 2,16 [lies nach Elberfelder oder Schlachter Übersetzung]). Und doch hat Gott gleichzeitig sehr wohl Anweisungen für bestimmte Fälle gegeben, wo man sich eben nicht an Sein Gebot hält.1 Denn zunächst müßte ja aus dem allgemeinen Satz "Gott haßt Scheidung" folgern, daß jede Scheidung prinzipiell ausgeschlossen sei. Das widerspricht aber dem Zeugnis der Bibel.

Jesus selbst ist es, der sagt, daß man sich nicht scheiden lassen darf, "außer bei Unzucht2" (Mt 5,32; 19,9). Darüber hinaus haben wir in 1Kor 7 den Fall, daß sich ein ungläubiger Ehepartner vom gläubigen scheiden lassen will. Paulus sagt dazu: "... so laß ihn sich scheiden. Der Bruder oder die Schwester ist nicht gebunden in solchen Fällen" (1Kor 7,15).

Spätestens hier muß man sich die Frage stellen, ob es wirklich so eindeutig ist, daß es prinzipiell keine Wiederheirat gibt. Auch die o.g. "Unzuchtsklausel" kann man rein grammatisch gleichwertig auf die Frage der Scheidung wie auf die Frage der Wiederheirat beziehen.

    Jesus antwortet in Mt 19,9 auf die Frage, ob man sich aus einem x-beliebigem Grund von seiner Frau scheiden lassen dürfe (Mt 19,3), um dann eine andere zu heiraten. Auch wenn die Zielsetzung der Wiederheirat in der Frage der Pharisäer nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist das aber der klare Hintergrund, denn das war die damals weit verbreitete und übliche Praxis. Jesus antwortet im Grunde: "Wer sich von seiner Frau scheidet und heiratet eine andere, der bricht die Ehe. Das gilt, außer bei Ehebruch / Hurerei / Unzucht." Das heißt, wenn der Mann sich aufgrund von Ehebruch der Frau von ihr scheiden läßt und danach wiederheiratet, ist diese Wiederheirat kein Ehebruch. Denn der Ehebruch fand bereits vorher statt, als die Frau eine außereheliche Beziehung einging.

    In Mt 5,32 ist die Situation ähnlich. Jesus ist eigentlich noch bei der Auslegung des Gebotes: "Du sollst nicht ehebrechen" (Mt 5,27). Daß es nicht in Ordnung ist, der Frau aus irgendeinem Grund einen Scheidebrief zu geben, prangert Jesus deutlich an. Zugleich macht Er klar, daß dabei zum einen der Ehemann, der die Frau zu Unrecht entläßt, am Gebot "Du sollst nicht ehebrechen" schuldig wird, da durch die Wiederheirat der Frau, die als selbstverständlich vorausgesetzt wird (und wie gesagt üblich war), die bisherige, vor Gott im Grunde noch bestehende Ehe, nun auch in Tat und Wahrheit gebrochen wird. Zum anderen wird auch der neue Ehemann schuldig am Gebot "Du sollst nicht ehebrechen", denn er vollzieht den Ehebruch.

Evangelische Theologen haben hier in der übergroßen Zahl - wie ich finde zu Recht - immer die zweite Möglichkeit vertreten, also daß Wiederheirat bei einer x-beliebigen Scheidung selbstverständlich ausgeschlossen ist3, nicht aber bei "porneia". Das hieße dann, daß es dem - im Sinne der Unzuchtsklausel - Unschuldigen sehr wohl auch von Gott her prinzipiell erlaubt ist, wieder zu heiraten, dem - im Sinne der Unzuchtsklausel - Schuldigen dagegen nicht.

    Die katholische Kirche und eine Reihe konservativer evangelikaler Kirchen und Gemeinden haben aus der Aussage "Gott haßt Scheidung" und einer Anzahl weiterer Texte den Schluß gezogen, daß Wiederheirat prinzipiell ausgeschlossen sei. In der Praxis hält aber zumindest die katholische Kirche dies nicht wirklich durch. Formal wird zwar kein Geschiedener wiederverheiratet, aber es gibt etliche - und wie wir finden: deutlich über die Heilige Schrift hinausgehende - Gründe, warum man eine Ehe "annullieren" lassen kann. Man läßt also kirchenamtlich feststellen, daß die bisherige Ehe keine Ehe war, weshalb die neue Ehe kirchenjuristisch dann auch keine Wiederheirat ist. Ein solches ‚Spiel' ist dem Ernst der Problematik aber nicht angemessen.


Fußnoten:

1 Ganz ähnlich wollte Gott ursprünglich auch keinen König in und für Israel haben, trifft aber mit dem "Königsgesetz" 5Mose 17 gleichwohl alle Vorkehrungen für den späteren ‚Ernstfall'.

2 Wobei es hier nun eine exegetisch ziemlich große, und wie wir finden nicht völlig eindeutig zu entscheidende Debatte gibt, was denn griech. "porneia", landläufig mit "Unzucht" (Einheitsübers.; Schlachter), "Hurerei" (Elberfelder) oder "Ehebruch" (Luther) übersetzt, bedeutet, was es einschließt und was nicht. Unseres Erachtens sind da alle Kapitalverbrechen, die die Bibel als solche qualifiziert, mit eingeschlossen.

3 Diesen Fall nennt Paulus in 1Kor 7,11 und formuliert in Bezug auf eine Frau: "hat sie sich aber geschieden, soll sie ohne Ehe bleiben oder sich mit ihrem Mann versöhnen". Der Grund ist klar: Der Bund der Ehe ist eben eigentlich noch vorhanden. Denn erst in dem Moment, wo einer der beiden wieder heiratet oder eine uneheliche sexuelle Beziehung eingeht (also ein Vergehen im Sinne der "Unzuchtsklausel"), wird der Ehebund gebrochen.