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Zur Frage der Speisegebote
 
 
von Titus Vogt

Wir gehen von der grundsätzlichen ewigen Gültigkeit des Gesetzes Gottes aus, zu dem selbstverständlich nicht nur die Zehn Gebote gehören - wer wollte das ernsthaft bestreiten. Die Zehn Gebote sind ein gewisser Rahmen, eine Ausdifferenzierung des Liebesgebotes, aber gleichwohl benötigen sie die Vielzahl weiterer Differenzierungen, wie wir sie in der Bibel Alten und Neuen Testamentes finden. Sehr schön deutlich geworden ist das nicht zuletzt in einer Predigtreihe von Pastor Wegert zu diesem Themenbereich, die 2001 als Buch unter dem Titel "Das Gesetz der Freiheit" (arche-medien, Hamburg) erschienen ist.

In der Frage, welche einzelnen Gebote wir als Christen aber heute praktizieren müssen, gehen die Meinungen z.T. deutlich auseinander. Wir können in der Heiligen Schrift bereits im Alten Testament (zumindest) zwei Arten des Gesetzes unterscheiden: die sog. Zeremonial- und die sog. Moralgesetze (vgl. z.B. 1Sam 15,22; Jes 1,11-17; Jer 7,22; Hos 6,6; Am 5,21-24; Mi 6,6-8; Sach 7,5-7; Mt 9,13; 12,7). Wie die Texte zeigen ist für Gott das Praktizieren des Moralgesetzes um ein Vielfaches wichtiger, ja, Er geht sogar soweit, daß Er klipp und klar sagt: Ihr könnt auf all die Zeremonien komplett verzichten, wenn ihr ansonsten lügt und betrügt, falsch Zeugnis redet, stehlt, begehrt usw.

Im Neuen Testament finden wir besonders im Hebräerbrief eine recht lange Erklärung für die Bedeutung gerade auch der Zeremonialgesetze. Sie verdeutlichen z.B., daß es ohne Blutvergießen keine Vergebung gibt. Aber da nun Christus Sein Blut für uns vergossen hat, braucht es heute keinerlei Opfer mehr. Das eine Opfer ist ein für allemal genug. Damit sind aber auch alle damit im Zusammenhang stehenden Gebote in Christus so vollständig erfüllt, daß wir sie nicht mehr aktiv praktizieren müssen (Reinheitsgebote, Festtage, Beschneidung usw. - und eben auch die Speisegebote, s.u.).

Das Moralgesetz dagegen ist nicht einfach abgeschafft, wie tatsächlich manche Theologen und Pastoren vertreten, sondern es ist uns als klare Richtschnur für unser christliches Leben, als Maßstab der Heiligung gegeben. Das grundsätzlich andere und v.a. wunderbare am Neuen Bund ist die Tatsache, daß das Gesetz nicht mehr von außen wie ein schwerer Rucksack auf uns lastet, sondern daß es Gott durch Seinen Heiligen Geist in unser Herz geschrieben hat und so der Heilige Geist dieses Gesetz, die Rechtsforderungen des Gesetzes in uns erfüllt (vgl. Jer 31,33; Hes 36,26-27; Röm 8,3-4).

Daß Jesus mit Seinem Tod den Neuen Bund tatsächlich gebracht hat, machen nicht nur die Einsetzungsworte des Abendmahles deutlich (Lk 22,20; 1Kor 11,25), sondern ebenso eine Reihe anderer Stellen (2Kor 3,6; Hebr 9,15; 12,24). Und daß es in Bezug auf das Praktizieren von zeremoniellen Geboten tatsächlich eine Änderung gegeben hat, belegen eine Vielzahl von neutestamentlichen Stellen. Gerade der Hebräerbrief diskutiert dieses Thema, denn diese Zeremonien sind im "Neuen Bund" eigentlich nicht mehr nötig, sie sind "veraltet", werden aber zur Abfassungszeit des Hebräerbriefes noch praktiziert, sie sind aber "dem Ende nahe" (Hebr 8,13), was ein klarer Hinweis auf die Zerstörung des Tempels ist, mit dem dann wirklich all die Opfer etc. aufhörten. Gerade in diesem Zusammenhang tauchen dann auch unter der Überschrift "äußerliche Satzungen" - so im Grunde die Umschreibung für das, was man Zeremonialgesetz nennt -Anweisungen über "Speise und Trank" auf, "die bis zu der Zeit einer besseren Ordnung auferlegt sind". Und der Hebräerbrief macht uns Vers für Vers deutlich, daß mit dem Kommen Jesu, mit Seinem Tod auf Golgatha diese neue Zeit wirklich angebrochen ist. Er ist DER Hohepriester, mit dem eine neue Zeit beginnt, denn "wenn das Priestertum verändert wird, dann muß auch das Gesetz verändert werden" (Hebr 7,12). Nur deshalb ist es überhaupt denkbar, daß es nicht mehr notwendig ist, sich beschneiden zu lassen, um Glied am Leibe Christi zu werden, um zu Seiner Gemeinde zu gehören (vgl. Röm 2,28-29).

Nach den allgemeinen Gedanken zum Gesetz - die man sicher sehr viel ausführlicher darstellen könnte -, nun noch ein paar konkrete Punkte zur Frage der Speisegebote.

Man hört verschiedentlich, daß man in Mk 7,19 einen "teuflischen Lügensatz" eingefügt habe. Aber dieser ist nicht einfach hinzugefügt, sondern eine - wenn auch interpretierende (nebenbei: praktisch jede Bibelübersetzung ist Interpretation - das liegt in der Natur der Sache) - so doch grundsätzlich grammatikalisch völlig korrekte Übersetzung des letzten Versabschnittes. Im griech. lautet die letzte Vershälfte formal übersetzt: "reinigend alle die Speisen". Jetzt ist zum einen die Frage, worauf sich "reinigend" bezieht und zum anderen, wie man das Partizip sprachlich richtig überträgt (dafür gibt es mindestens sechs prinzipiell gleichwertige Möglichkeiten - deutsch und griechisch sind eben in ihrer Struktur nicht gleich). Zum einen kann sich "reinigend" auf Jesus beziehen. Jesus erklärt in V. 18, daß alles, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn nicht verunreinigen kann - hier gibt es von der Übersetzung her überhaupt keinen Spielraum. Das Ende von V. 19 wäre dann die positiv formulierte Zusammenfassung dieser Aussage: Wenn nichts, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn verunreinigen kann, sind demzufolge alle Speisen rein. Dann entspräche die Aussage inhaltlich dem, was die Lutherübersetzung (1984), die rev. Elberfelder oder auch die Einheitsübersetzung übersetzen. Andererseits kann sich "reinigend" aber auch auf den unmittelbaren Satz vorher beziehen, so wie es etwa die unrev. Elberfelder übersetzt: "Denn es geht nicht in sein Herz hinein, sondern in den Bauch, und es geht heraus in den Abort, indem so alle Speisen gereinigt werden" (ähnlich auch die Schlachterübersetzung und Luther 1912). Wie immer man es drehen und wenden mag - zumindest die Aussage Jesu in V. 18 ist so eindeutig, daß im Grunde keine Fragen offen bleiben, so daß die in heutigen Übersetzungen übliche Wiedergabe von V. 19b inhaltlich im Grunde nichts Neues bringt und somit so oder anders unproblematisch ist.

In Röm 14 gibt es einen weiteren längeren Abschnitt, in dem es um die Frage von erlaubten oder unerlaubten Speisen geht. Paulus ‚verbucht' hier diese ganze Problematik unter dem Thema "nehmt den Schwachen im Glauben an". Zum einen gab es offenbar Gläubige, die der Überzeugung waren, man müsse als Christ Vegetarier sein (V. 2). Nachdem er diese Frage wie auch die nach bestimmten Feiertagen (V. 6) etwas ausführlicher behandelt hat, stellt er in V. 14 fest: "Ich weiß und bin gewiß in dem Herrn Jesus, daß nichts unrein ist an sich selbst; nur für den, der es für unrein hält, ist es unrein." Und weiter unten in V. 20 lesen wir: "Es ist zwar alles rein; aber es ist nicht gut für den, der es mit schlechtem Gewissen ißt." Paulus formuliert hier so grundsätzlich, daß man nicht seriös behaupten kann, er würde gleichwohl wie selbstverständlich davon ausgehen, daß die alttestamentlichen Speisegebote weiter gelten würden.

Einen weiteren Text haben wir in 1Kor 8, wo es um die Frage des Götzenopferfleisches geht. Dieses zu essen, war Juden streng verboten, wie man in der einschlägigen talmudischen Literatur nachlesen kann. Paulus geht aber einen anderen Weg. Er erklärt eindeutig, daß an dem Fleisch an sich nichts verwerflich ist, daß man es demzufolge auch essen kann. Im Grunde ist das aber wieder eine Frage zwischen den Starken und Schwachen in der Gemeinde (V. 9). Klar ist ganz grundsätzlich: Ob wir essen oder nicht, hat für unsere Beziehung zu Gott keinerlei Bedeutung (V. 8).

Auch in Kol 2 spricht Paulus dieses Thema erneut an: "So richte euch nun niemand wegen Speise oder Trank oder betreffs eines Festes oder Neumondes oder Sabbats" (V. 16), das ist alles nicht mehr das Thema in der neutestamentlichen Gemeinde, das gehört alles in die Rubrik Zeremonialgesetz, das in Christus vollständig erfüllt ist, so daß wir es nicht mehr praktizieren müssen. Gerade durch die Erwähnung von "Neumonden" und "Sabbaten" fällt es schwer, hier heidnische Bräuche sehen zu wollen. Und selbst wenn Paulus auch heidnische Vorschriften im Blick haben sollte, formuliert er doch wieder so allgemein, daß die alttestamentlichen Speisevorschriften auf jeden Fall mit inbegriffen sind.

Ähnliches gilt für 1Tim 4,3. Wie kommt man bei diesem Text dazu, ausschließlich an heidnische Speisevorschriften zu denken? Der Text selbst gibt eine solche Einschränkung nicht im mindesten her. Vielmehr ist gerade V. 4-5 der klare Beleg, daß in neutestamentlicher Zeit wirklich alles grundsätzlich gegessen werden kann, es keine rituellen oder zeremoniellen Beschränkungen mehr dafür gibt, "denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird ..." Hat Gott denn z.B. die Schweine nicht erschaffen?

In Hebr 9,9-10 lernen wir sehr klar, daß die alttestamentlichen Verordnungen über Speisen, Getränke und Waschungen auf der gleichen Ebene liegen, wie die Opfer, und das all diese "äußerlichen Satzungen ... bis zu der Zeit einer besseren Ordnung auferlegt sind", die mit dem Kommen Jesu und besonders mit Seinem Tod am Kreuz wahrhaftig angebrochen ist (s.o.). So, wie wir keine Opfer mehr bringen, müssen wir uns eben auch nicht mehr an die Speisevorschriften des AT's halten.

Ich will nicht bestreiten, daß es bei der einen oder anderen Gruppe von Tieren, die im AT nicht gegessen werden durfte, medizinisch nachvollziehbare Gründe gibt, diese nicht übermäßig häufig zu essen. Aber erstens würde man ähnliches bei vielen erlaubten Tieren ebenso finden und zum zweiten ist die Begründung im AT eine ausdrückliche kultische. Die Tiere gelten als "unrein", nicht als "ungesund". Wenn für Gott hier medizinische Dinge im Vordergrund gestanden hätten, hätte er das auch schon im AT uns problemlos mitteilen können. Das ist aber schlicht nicht der Fall.

Summa summarum ergibt sich ein völlig klares Bild: Die Vorschriften über verbotene Speisen, die wir im Alten Testament finden, sind Teil des Zeremonialgesetzes Gottes, welches in Christus erfüllt ist, so daß wir neben den allgemeinen Aussagen zu diesem Thema auch eine ganze Reihe expliziter Belege im NT haben, daß grundsätzlich alle Speisen rein sind, es somit für uns heute keine biblisch begründete Veranlassung mehr gibt, prinzipiell z.B. auf Schweinefleisch zu verzichten.