Wappen Home Home1
 
 
Home
Aktuell
Familie
Foto Archiv
Downloads
Links
Kontakt
 
 
 

Todesstrafe - konkret
zur Auslegung von 2Mose 22,17
 
 
von Titus Vogt

Der Hauptgedanke von 2Mose 22,17 liegt darin, deutlich zu machen, daß Zauberei (so wird der Begriff in den meisten Bibeln übersetzt) aus Gottes Sicht nicht irgendein Vergehen ist, sondern eine sehr schwere Sünde ist. Es ist im Grunde Götzendienst und verstößt so gegen das 1. Gebot der Zehn Gebote ("Ich bin der Herr, dein Gott. ... Du sollst keine anderen Götter haben neben mir." 2Mose 20,2-3). Daß hier grammatisch speziell die feminine Form steht ("Hexe", "Zauberin") ist kaum von besonderer Bedeutung, wird doch aufgrund vieler anderer Stellen deutlich, daß dieses Problem genauso groß ist, wenn es ein Mann tut (vgl. z.B. 3Mose 20,6+27).

Die Formulierung "nicht am Leben lassen" ist vom Text (und allen relevanten Parallelstellen) her ziemlich eindeutig, so daß man diesen Punkt im Grunde unter dem Thema Todesstrafe im Alten Testament behandeln muß. Dabei stellt man fest, daß es einerseits eine ganze Reihe von Kapitalverbrechen gibt, auf die die Todesstrafe stand, daß es andererseits aber - außer bei Mord (4Mose 35,30-33) - auch die Möglichkeit gab, diese Strafe durch eine Ersatzleistung umzuwandeln (3Mose 24,18+21; 2Mose 21,30; Spr 6,35; vgl. 5,9-14), so daß also in den allermeisten Fällen eine Hinrichtung keinesfalls zwingend war. Grundsätzlich muß man natürlich betonen, daß es im Gerichtssystem des Alten Testament durchaus nicht ohne weiteres zur Todesstrafe kommen konnte, mußten die Schuld doch zwingend mindestens zwei Augenzeugen bezeugen (5Mose 17,6). Sollte sich dabei oder im Nachhinein herausstellen, daß ein Zeuge gelogen hat(te), sollte er die Strafe erleiden, die der Angeklagte aufgrund der falschen Zeugenaussage erleiden sollte oder mußte (5Mose 19,15-19).

Als nächstes müßte man grundsätzlich diskutieren, ob die alttestamentlichen Bestimmungen zur Todesstrafe vom Selbstverständnis der Bibel her heute noch uneingeschränkt gelten oder nicht (vgl. dazu den allgemeinen Artikel zur Todesstrafe). Dies wird unter Theologen durchaus unterschiedlich gesehen. Aber selbst wenn man der Meinung sein sollte, daß auch heute noch die Todesstrafe auf die von Gott benannten Kapitalverbrechen steht, müßte man immer noch konstatieren, daß wahrscheinlich alle Hexenprozesse des Mittalters und der Inquisition, die sich wohl vielfach tatsächlich auf besagten Text im zweiten Mosebuch beriefen, so oder so nicht dem biblischen Anspruch gerecht geworden sind. Denn mir ist nicht bekannt, daß es auch nur einen einzigen wirklich rechtsstaatlichen Prozeß in dieser Sache gegeben hätte. Vielfach hat die bloße Denunziation eines Einzelnen ausgereicht, um die Todesstrafe zu vollstrecken. Das ist biblisch gesehen schlicht eine Ungeheuerlichkeit. Und daß von der biblisch eindeutig belegten Möglichkeit der Umwandlung in einer Ersatzstrafe nie Gebrauch gemacht wurde, kommt außerdem noch hinzu. Deshalb muß man konstatieren, daß in den Hexenprozessen alles zum Zuge kam, nur keine solide Umsetzung biblischer Richtlinien. Das ist eine große Schuld der Kirche, die man unumwunden so zugeben muß.